Die „Edelweiß-Trachtler“ gibt es in Mühldorf seit 1919 – Viele Aktivitäten

Mühldorf – In der Vereinschronik des Gebirgstrachten Erhaltungsvereins „Edelweiß“ Mühldorf ist das Gründungsjahr mit dem Oktober 1919 angegeben. Damals hießen die Mühldorfer Trachtler noch „D‘Gmüatlichen“ Mühldorf.

Die Mühldorfer Trachtler soll es aber schon vor dem Ersten Weltkrieg gegeben haben. „Wir wissen vom Gründungsjahr 1912. Aber alle Unterlagen über diese Vereinsgründung sind nach dem ersten Luftangriff auf Mühldorf im Gasthof Himmel verbrannt“, sagt Vorsitzender Georg Waldinger.

Trachtler haben 180 Mitglieder

Die Mühldorfer Trachtler haben rund 180 Mitglieder und 20 Jugendliche. „Wir werden in diesem Jahr wieder eine Kindergruppe auf die Beine stellen, aber es ist schwierig, wenn sie 15 und 16 Jahre alt werden, dann haben sie mit der Tracht nicht mehr viel am Hut“, berichtet der Vorsitzende.

Georg Waldinger sieht in den Trachtenvereinen Organisationen, die Heimat. Brauchtum und Tracht erhalten wollen. „Heimat ist überall, dazu bedarf es keiner Berge. Und die Heimattracht wird überall dort sein, wo sich heimatverbundene Menschen ihr annehmen. Was blühen soll, gehört gepflegt. Es gehört Idealismus und Selbstbewusstsein dazu, die Tracht auch außerhalb des Vereins zu tragen, beim Kirchgang oder sonstigen Gelegenheiten. Wir sind besonders mit der Heimat, dem Brauchtum, dem Bewahren unserer Traditionen und dem Glauben verbunden. Dies sind wichtige Bestandteile einer Gesellschaft, die wir erhalten wollen“, stellte Waldinger heraus.

Vom Mittelalter bis zum 17. und 18. Jahrhundert konnte sich in Bayern nicht jeder kleiden, wie er wollte. Er musste „standesgemäß“ daherkommen, das heißt, auch äußerlich dem Bürgerstand, dem Bauernstand oder anderem zuzuordnen sein. Dann kam die Zeit, die in wenigen Jahrzehnten umschmiss, was in Jahrhunderten gewachsen war. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das altbayerische Wesen in Baukultur und handwerklicher Kunst, Literatur und Musik verändert bis hin zu Technik und Kitsch. Auch viele Trachten tat man als unmodern ab, sie erschienen nicht mehr zeitgemäß. Bauernmöbel und Hausrat verschwanden beim Händler, modische Kleidung kehrte auf den Bauernhöfen ein.

In dieser Zeit geschahen zwei Dinge, die für die Trachtenherstellung von Bedeutung waren. Die erste Maßnahme ging vom Volk aus, es war gewissermaßen eine Bürgerinitiative. 1883 gründete der Schulleiter Josef Vogl in Bayrischzell einen Verein mit dem Ziel, dem Zeitgeist Schranken zu setzen und gleichzeitig Tracht, Sitte und Brauchtum der Altvorderen zu pflegen und der Nachwelt zu erhalten,

Gleichlaufend erfolgte eine Aktion von oben, indem König Ludwig II. 1886 an alle Bezirksämter die Aufforderung erließ, in den Gebirgsgemeinden die Gründung von Gebirgstracht-Erhaltungsvereinen anzustreben, damit die schöne Gebirgstracht und die alten Tänze, besonders die Schuhplattlertänze, erhalten bleiben und in diesen Vereinen Kameradschaft, Heimat- und Vaterlandsliebe gepflegt werden.

Kameradschaft, Heimat und Vaterland

Die Mühldorfer Trachtler fühlen sich diesen Zielen verpflichtet. Doch der Verein schaut nicht nur voller Verklärung zurück, sondern gestaltet das gesellschaftliche Leben in der Kreisstadt Mühldorf aktiv mit,

Die Aktivengruppe legt größten Wert auf die Ausbildung im Platteln und Dirndl- drahn. Dazu kommen die Figurentänze, wie Kronentanz, Sterntanz, Bandltanz, Mühlradl sowie Zwoa- und Dreisteyrer werden einstudiert.

Der größte Stolz des Vereins war immer die Kinder- und Jugendgruppe. In vielen Jahren waren über 80 Kinder und Jugendliche bei den Mühldorfer Trachtlern, um das Platteln und Dirndldrahn zu erlernen. Auch das Musileben wurde wiederbelebt und ist auch heute noch fester Bestandteil des Vereinslebens in Mühldorf.

Durch die Initiative des Trachtenvereins wurde die Kapelle „Kleinötting“, wie sie im Volksmund genannt wurde, wieder errichtet. Über Jahrhunderte stand an der B12 eine Kapelle, bei der Pilger auf ihrem Weg nach Altötting letzte Rast und fromme Andacht halten konnten, ehe sie den letzten Teil des Weges in Angriff nahmen. Die Kapelle musste im Zuge von Straßenbaumaßnahmen weichen, doch immer wieder tauchte aus Kreisen der Bevölkerung der Wunsch auf, dieses Heiligtum wieder zu errichten. Der Trachtenverein nahm sich der Sache an und erbaute mithilfe zahlreicher Mitglieder die Kapelle neu. Jedes Jahr führen die Mühldorfer Trachtler eine Wallfahrt zur Kapelle durch.

Fester Bestandteil des Vereinslebens ist die Theatergruppe, die jedes Jahr ein neues Stück auf die Bühne bringt. Die Trachtler haben einen großen Stamm an Besuchern, der sich die Theateraufführungen nicht entgehen lässt.

Trachtler stellen Maibaum auf

Ohne die Mühldorfer Trachtler gäbe es in Mühldorf auch keinen Maibaum. Am 1. Mai 1975 wurde in Mühldorf zum ersten Mal nach 35 Jahren wieder ein Maibaum aufgestellt. Die Initiative ging damals von Stadtrat Josef Rauch und Trachtlervorstand Josef Punkes aus.

Vorstand Georg Waldinger, der seit 1983 bei den Trachtlern in unterschiedlichsten Funktionen Verantwortung ausübt, ist um die Zukunft der Trachtler nicht bange. „Natürlich haben auch wir mit Nachwuchs- und Mitgliederzahlen Probleme, wie jeder andere Verein auch. Aber ich denke, dass es uns noch lange geben wird. Ich bin mir auch sicher, dass unsere Ziele Kameradschaft, Heimat und Verbundenheit wieder sehr gefragt sein werden“, betonte Georg Waldinger.